Mallorca Zeitung
31.10.2025

 

Wo die Insel 
noch schön ruhig ist.

In der heutigen Zeit ein Fotobuch "Mallorca – Die Magie des Unentdeckten“ zu nennen, ist ein kühner Schritt. Denn aus gleich zwei Richtungen droht Kritik. Zum einen sind da die Alleskenner, die Besserwisser, die kaum von der präsentierten „Unentdecktheit“ beeindruckt sind. Zum anderen ist da die wachsende Anzahl jener, die dafür plädieren, dass man gerade an einem so fragilen Ort wie Mallorca das Unentdeckte doch besser da belässt, wo es ist.

Der Münchner Fotograf Stefan Loiperdinger ist das Risiko eingegangen und hat seinen vierten Fotoband über die Insel so genannt. Geordnet ist er grob nach der Geografie der Insel. Von Palma aus geht es über den Südwesten in die anderen Gegenden Mallorcas. Loiperdinger erkundet dabei Landschaft, Restaurants, Brauchtümer und Architektur. Kleine Erklärtexte auf Deutsch, Spanisch und Englisch ordnen die Bilder ein, stehlen der Fotografie aber nicht die Schau. Eher vereinzelt kommen Menschen vor, teilweise im Porträt, teilweise als Akteure bei einem Dorffest. Im Großen und Ganzen stellt das Buch Mallorca weitgehend als eine menschenleere Insel dar.

Trotz des Buchtitels verzichtet der Fotograf nicht auf Motive, die den meisten Mallorca-Liebhabern bekannt sein dürften – mit prominenten Ausnahmen. Der nächtliche Blickauf die Kathedrale fehlt ebenso wenig wie – durchaus eindrucksvolle – Luftaufnahmen der Halbinsel Formentor oder die weiße Pracht der Mandelblüten. Was komplett ausgespartwird, sind die Urlauber- und Partyhochburgen wie die Playa de Palma, Magaluf oder Cala Ratjada. Das heißt nicht, dass Strände oder das Meer nicht vorkommen – im Gegenteil. StefanLoiperdinger hat ein großes Faible für die verschiedenen Facetten der mallorquinischen Küste. Neben den Innenaufnahmen von Kirchen, Palästen, Restaurants und Hotels stellen die Küstenbilder einen Großteil der Fotografien in dem 343 Seiten starken, großformatigen Buch dar.

Die Sache mit den Buchten

Loiperdinger scheut sich auch nicht, kleine Buchten darzustellen und beim Namen zu nennen, die der breiten Masse der Urlauber vielleicht nicht so bekannt ist. Diese Praxis hat in den vergangenen Jahren vor allem in den sozialen Netzwerken eine starke Gegenbewegung hervorgerufen, wird sie doch als Hauptgrund für die Massifizierung dieser Orte wahrgenommen. Im Gespräch mit der MZ erklärt der Fotograf: „Natürlich habe ich mir auch die Frage gestellt, ob ich mit meinem Buch dazubeitrage, dass diese Buchten überlaufen werden. Aber für viele Urlauber sind sie nicht atraktiv, weil keine Strandliegen und keine Cocktailbar gibt. Und bei anderen ist die Anfahrt sehr mühselig, weil man erst mal eine Serpentinenstrasse hinunterfahren muss. Und genau das ist der beste Schutz für diese Orte."

Ob "Mallorca. Die Magie des Unentdeckten" hält, was der Titel verspricht, bleibt im Auge des Betrachters. In jedem Fall zeigt das Buch vor allem ein schönes, bisweilen ungewöhnlich unberührtes Mallorca, das im Alltag zwischen Massentourismus und finanzieller Existenzangst bei vielen Menschen in Vergessenheit geraten sein dürfte. Das Mallorca in Loiperdingers Buch ist tatsächlich noch eine Insel der Ruhe, ein Ort der Anmut. Es sind Bilder, die sicherlich Sehnsüchte stillen können für jene, die seltener auf der Insel sind, als sie es möchten.

PATRICK SCHIRMER SASTRE 

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